A Hit is bornvon D.S. | Permalink |
Die Werke des japanischen Regisseurs Kenichi Ugana sind eigentlich nicht unbedingt Material, das ins Programm des FFFs passt, wie es sich in den letzten ca. 15 bis 20 Jahren entwickelt hat. Klar, es sind immer wieder auch mal wirklich schräge Beiträge am Start, einiges Arthousiges sowieso. Aber was ich vor THE GESUIDOUZ von ihm gesehen hatte, fällt eher in den Bereich des Experimentalfilms – seine international wohl bekanntesten Produktionen EXTRANEOUS MATTER und VISITORS zumindest haben nicht nur kaum Budget, sondern auch kaum schlüssige narrative Struktur aufzuweisen. Und so sehr fordert das FFF sein Publikum dann normalerweise doch nicht (mehr). Deshalb war ich sehr überrascht, diesen vorletzten Film von ihm im Line-up der FFF Nights 2025 zu entdecken. Allerdings lief der auch bereits in Sitges, wo das experimentelle Kino nun üblicherweise auch nicht gerade stark vertreten ist. Sollte THE GESUIDOUZ also so etwas wie allgemeinverträglich sein? Antwort: Nun ja, teils teils. Einerseits kann man der Story hier gut folgen, sie ist zwar mitunter herrlich durchgeknallt, aber folgt einer in sich geschlossenen Logik und irritiert auch nicht mit einer non-linearen Erzählweise oder sonstigen Sperenzchen. Nicht falsch verstehen: Ein Großteil des Geschehens ist hochgradig absonderlich. Aber das betrifft „nur“ den Inhalt, nicht die Form. Andererseits braucht es beim Publikum vermutlich schon ein gewisses Faible für das Skurrile oder auch Groteske – sowie eine hohe Toleranz für zeitweiliges Null-Tempo –, um mit dem Film warm zu werden. Im Gegensatz zu EXTRANEOUS MATTER (Tentakel-Aliens!) und VISITORS (Zombie-Splatter!) fehlt hier fast jegliches offensichtliche Spektakel. Wenn man mal, in erster Linie, davon absieht, dass wir im Filmverlauf diversen Dingen beim Sprechen zuhören können, die im echten Leben zuverlässig stumm bleiben, beschränkt sich das Außergewöhnliche an dieser Darbietung fast ausschließlich auf bizarre Charaktere, die absurd anmutende Dinge tun. Geistig verwandt wirkt das in diesem Fall mitunter fast eher mit einem Quentin Dupieux als einem, zum Beispiel, Shinya Tsukamoto. Aber tatsächlich kann auch das Cameo von Lloyd Kaufman nicht völlig überraschen (und es wirkt stimmiger als das in VISITORS). All das einmal beiseite geschoben, erzählt GESUIDOUZ im Kern schlicht eine Geschichte vom Kämpfen für das Realisieren seiner Träume – auch wenn die Welt dir erzählt, dass es aussichtslos ist. Was nun keine allzu untypische Story für einen Film über junge Musiker ist, die den Durchbruch schaffen wollen. Das Besondere ist in diesem Fall nicht nur, dass die betreffenden Musiker durch die Bank völlig untalentiert wirken, sondern auch, dass sie sehr offensichtlich alle einen an der Waffel haben. Speziell die nur äußerlich „süße“ Sängerin Hanako, die felsenfest davon überzeugt ist, dass sie demnächst sterben wird. Schließlich wird sie bald 27, und älter werden coole große Rockstars ja schließlich nicht. Nachdem die Band aus Tokyo bislang nur schrottigen Krach produziert hat, den niemand hören will, zwingt ihr Label (oder ihr Manager?) sie förmlich, für ein Jahr aufs Land zu ziehen, sich dort in der Agrarwirtschaft etwas Geld zu verdienen und vor allem: endlich ein anständiges Lied zu schreiben, das sie zum Erfolg führen kann. Es ist ihre letzte Chance, und irgendwo zwischen absoluter Planlosigkeit, grundsätzlicher Apathie und keinen besseren Ideen entscheiden sie sich dafür, das einmal auszuprobieren. In der Pampa passiert dann erst mal wenig, der Film suhlt sich gehörig in einer Stimmung zwischen Lakonie und Absurdität, bis letztere irgendwann doch klar die Oberhand gewinnt und seltsame Dinge geschehen, welche die Geburt eines kommenden Superhits befeuern … Jener hat mit Punkrock sehr wenig zu tun, die Ästhetik des Films sowie Zeichnung und Auftreten der Hauptfiguren allerdings doch eine Menge. Zwar ist die Tonalität eine grundverschiedene, in Momenten kann man sich dennoch tatsächlich an die Depri-Energieexplosion namens EX DRUMMER erinnert fühlen. Eine vergleichbare Wirkung erzielt THE GESUIDOUZ aber natürlich im Leben nicht – das hier ist vielmehr „Feelgood / Feelweird“-Kino für Freund:innen japanisch obskurer Erzählexperimente, die sich mitunter viel Zeit fürs Atmen (und nicht viel sonst) nehmen. Die später ausführlich zelebrierte, hochmelodische Musik der kosmisch gereiften Band ist allerdings in jedem Fall schön anzuhören, sympathisch wirken die schrägen Slacker ohnehin: Auch, wenn eine Laufzeit wie bei EXTRANEOUS MATTER und VISITORS (jeweils nur 61 Minuten) dem Film wohl besser getan hätte, habe ich mich insgesamt gut unterhalten gefühlt. Knappe 7 von 10 Punkten. Und lecker Rettich. | |
![]() sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 09.05.2025, 03:03 |
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