The Ferryman

Don’t pay till you reach the other side...

von D.S.
Das nenne ich mal einen Rekord: schon am Abend nach dem Sehen habe ich diesen Film fast vollständig vergessen. Dabei gehört er nicht mal zu den schlechtesten beim FFF 2007 - aber er wirkt so beliebig und austauschbar, daß da nach 40 Filmen im Vergleich wirklich kaum was Erinnernswertes mehr bleibt.

Naja, eins doch: die Unbeholfenheit im Erzählen seiner Geschichte. Wie ja nun inzwischen allgemein bekannt und auch im Vorspann des Films erwähnt, basiert "The Ferryman" auf einer antiken Sage. Nach deinem Tod musst du erstmal den River Styx überqueren, und das nur auf einer bestimmten Fähre (hier haben mich die Namen etc. auch schon verlassen). Den Fährmann aber mußt du bezahlen - mit einer Münze auf deiner Zunge. So jedenfalls habe ich das in Erinnerung, und falls die Sage im Detail anders funktioniert, wird das von "The Ferryman" leider nicht erläutert. Überhaupt habe ich selten einen Film mit einer so kleinen Story gesehen, der eben diese dermaßen kompliziert bis gar nicht erklärt. Vielleicht gehört sie in Neuseeland zum allgemeinen Bildungsschatz und man ging davon aus, daß das im Rest der Welt ähnlich ist. Vielleicht hat nur das Rauschen des Meeres hier Essentielles verschluckt. Vielleicht aber hat man sich auch einfach nicht so viele Gedanken um die Details gemacht. Wie auch immer - wer sich diesen Streifen ohne jede Vorkenntnisse ansieht, könnte am Ende einige Fragezeichen auf der Stirn haben. Oder ich war nur schon deutlich zu müde.

Dabei hat die Eröffnung des Films dem entgegengewirkt - wenn auch nicht gerade auf liebenswerte Weise. Wir sehen zwei echte Seebären auf einem Kutter in sturmgepeitschter See. Der eine fordert, das Boot müsse sofort umkehren und wieder an Land fahren. Der andere entgegnet, das sei bei diesem Wetter unmöglich. Woraufhin ein Kampf auf Leben und Tod entbrennt, der zu unerwarteten Ergebnissen führt... Die man aber nicht so richtig nachvollziehen kann, jedenfalls nicht, wenn man im Kino ein wenig weiter vorne sitzt. Stroboskop-Nahaufnahmen-Chaos in Perfektion... ich wurde fast seekrank.

Aber gut, das war ja schnell vorbei, dann gingen wir mit zwei Liebespaaren und einem Skipper-Pärchen auf große Tour von Kiwi-Land nach Fidji. Nach einem Tag voller dialogiger Belanglosigkeiten und Streitereien, die deutlich zu viel Erzählzeit in Anspruch nehmen, landen wir mit ihnen in einer undurchdringlichen Nebelwand - und empfangen einen Notruf vom Boot aus dem Vorspann. Klar, da fahren wir mal hin; klar, da wartet Ärger auf uns. In Person des einen Seebären, der sich eher als Wesen denn als Mensch herausstellt und für einiges Blutvergießen an Bord unserer Urlaubsyacht sorgt...

Auch wenn er im Programmheft schon verraten wurde, will ich den folgenden Clou hier nicht wiederholen. Nur so viel: aus der Ausgangsidee hätte man viel mehr machen können, viel mehr Überraschungen auch für den Zuschauer basteln können. So aber wissen wir jederzeit, wer hier wer ist, und dank der eindeutigen Verhaltensweisen des ungebetenen Gasts werden auch die Bootspassagiere nie lange im Unklaren gelassen. Tatsächlich kommt es hier viel zu schnell zu viel zu vielen Konfrontationen; jeder Ansatz einer mysteriösen Geschichte wird verschenkt; von der gesamten Atmosphäre her könnten wir hier auch einfach einen Piratenüberfall oder ähnliches ansehen... das übersinnliche Moment wird bei weitem nicht ausreichend ausgespielt.

Ein weiteres Problem sind die unsympathischen Figuren - die nahezu einzige, die hier eine Ausnahme macht, verlässt uns leider sehr früh. Danach ist es fast egal, wer nun gerade an der Reihe ist: es kam nicht zu ausreichenden Charakterisierungen, die Gestalten erscheinen deshalb sowieso austauschbar. Noch dazu gibt es hier mal wieder diverse Momente, in denen sich die Handelnden nicht zu glaubwürdigen Handlungen entschließen können. Realistisch können wir die Story so nur schwerlich finden.

Nun könnte man ja einiges Positives über die Atmosphäre sagen. Eine dicke Nebelsuppe, von einer mysteriösen Bedrohung attackiert - das gibt doch was her. Leider hat man sich als Toningenieur aber den irren Opa aus dem Altenheim geangelt, weshalb wir (zumindest in der ersten Hälfte des Films) in den eigentlich gruseligsten Momenten mit peinlichster Popmusik Marke RTL-Radio beschallt werden. An einer Stelle wird die Musik sogar diegetisch eingesetzt, als auch für die Passagiere hörbarer, quasi-zynischer Kommentar zum traurigen Geschehen. Was sie aber nicht weniger stimmungstötend macht.

Irgendwann wird dann gestorben - zu schnell nacheinander, zu bedeutungslos, fast schon zu nebensächlich. Dann wird die Story in Bruchstücken erklärt. Wie gesagt, nicht eben elegant. Und dann ist der Film auch schon zu Ende - nachdem er sich über eine beachtliche Laufzeit geschleppt hat, von der man die erste Hälfte auch um die Hälfte hätte kürzen können. "The Ferryman" ist nicht wirklich schlecht, aber er bietet weder handlungstechnisch noch atmosphärisch richtig überzeugende Kost. Ein Film, den man gerne noch mal echten Profis vorlegen würde, die könnten daraus bestimmt etwas machen. So aber reicht es nur zu 5 Punkten. Trotz ein paar schicker Momente und der Metal-Version von Chris de Burgh im Abspann.
D.S.
sah diesen Film im Metropolis 6, Frankfurt

09.08.2007, 09:30



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