Schwitzige Söldnersonnenwendevon Leimbacher-Mario | Permalink |
„Saloum“ ist ein überraschender Genrebastard aus Senegal, bei dem man dem Fantasy Filmfest nur danken sollte, dass man ihn dort in bester Qualität auf großer Leinwand sehen kann. Ein Unikum. Was nicht heißen soll, dass dieses afrikanische Potpourri aus blutigem Söldnersteak und trashigem Monstermovie (?) komplett überzeugt und funktioniert. Dennoch sticht er natürlich in vielerlei Hinsicht heraus, ins Auge, hoffentlich ein paar Menschen auch ins Herz. Mir persönlich nicht. Missen will ich ihn jedoch auch nicht… Erzählt wird von drei legendären Söldnern bzw. Freiheitskämpfern, die einen Schatz im heißen Sand Senegals verbuddeln und über Umwege in einem kleinen, zuerst recht idyllischen Stranddorf landen, wo sie jedoch nicht wirklich willkommen scheinen… Zweigeteilt und geschwätzig. Stolz und schwarz. Mutig und anders. „Saloum“ ist ein düster-dynamischer Cocktail aus der Wiege der Menschheit, der überrascht, jedoch nie überragt. Sehr nah an Amateurkino dran. Sicher mit das kleinste Budget des Festivals. Harte Typen, toughe Frauen, Inklusion voll normal. Kindersoldaten, Altdiktatoren, Militärveteranen. Genauso wie Fliegenmonster (?), Quads am Meer, dämonische Flüche, dicke Kopfhörer bei 40 Grad. Was klingt wie eine Art „From Dusk Till Dawn“ oder „A Chinese Ghost Story“ aus dem Herzen Afrikas, kommt dann im Endeffekt doch wesentlich unspektakulärer und zahmer daher. Immerhin ernst runtergespielt. Die Kamera ist mir oft zu wackelig und nah am Geschehen, die Action zu hektisch geschnitten, der Videolook samt Farbfilter nicht sehr hochwertig. Viel wird nur angeteast, nie durchgezogen und umgesetzt. Der Soundtrack ist allerdings Senegal pur und ballert ohne Ende. Manch ein Bild spielt über dem restlichen Look (Mond/Sonne/Fluss). Und allgemein war ich bereit, ihm mein Herz zu geben. Er hatte nur nicht die Mittel, es sich zu nehmen… Fazit: Trotz Exotenbonus und Coolnessfaktor - „Saloum“ ist näher an sympathischem Amateurkino als am nächsten Kulthit aus Afrika. Aber das reicht ja manchmal. | |
Leimbacher-Mario sah diesen Film im Residenz, Köln | 03.04.2022, 01:46 |
Eine spirituelle Erfahrungvon splattercheffe | Permalink |
SALOUM wurde uns vom Rosebud-Team als Geheimtipp angepriesen, was für mich immer zugleich die Erwartungen steigert als auch die Vorfreude, etwas Neues und Innovatives zu sehen. Mit den Jahren kann man ja rein empirisch etwa eine geschmackliche Nähe zu Rainers Favoriten im Programm vermuten, also: ab nach Afrika! Die Story um ein Söldnertrio, das während eines Auftrags im titelgebenden senegalesischen Landstrich strandet (zufällig?) und dort auf eine Herausforderung der besonderen Art trifft, hätte mich rein inhaltlich nicht besonders angesprochen, die im Programmheft genannten Referenzen Tarantino oder Morricone sehr wohl. Aber das, was mich da mit der großartigen Eröffnungssequenz überrollte, hatte ich nicht erwartet: Der Score bläst einen sofort weg und zieht gleichzeitig rein in ein Geschehen, das man nie ganz begreift und trotzdem hautnah miterlebt. Ich hatte noch nie im Kino weniger Grund zur Identifikation mit den Protagonisten (was interessieren mich Söldner), doch diese drei ultracoolen Socken, die auch optisch sehr was hermachen, waren mit Minute eins meine Helden. Die Dialoge atmen afrikanische Geschichte, sind ebenso witzig wie intelligent und vollkommen natürlich, was man im Rahmen der schnell und knackig voranschreitenden Geschichte gern überhört, die recht atemlose Kamera tut das Übrige. Für kurze Momente jedoch zaubert Regisseur Herbulot plötzlich poetisch-spirituelle Bilder herbei, die zumindest auf der großen Leinwand alles übertreffen, was ich die letzten Jahre gesehen habe. Es ist schwer, diese 84 Minuten weiter zu rezensieren, ohne sinnlos zu spoilern, deswegen lasse ich das einfach mal sein und beschreibe SALOUM als Budget-unabhängiges Masterpiece, das einen zutiefst rationalen Menschen wie mich (Zitat meiner Gattin) einer, sorry für das Pathos: spirituellen Erfahrung so nahe bringt wie nur möglich. Das kann Kino. | |
splattercheffe sah diesen Film im Cinema, München | 06.04.2022, 12:02 |
From Dusk till Senegalvon Herr_Kees | Permalink |
Drei legendäre Söldner sollen einen mexikanischen Drogenboss außer Landes bringen und suchen in einem Öko-Refugium Unterschlupf, wo sie nicht nur mit der Vergangenheit und der Polizei, sondern auch mit ganz anderen Kräften konfrontiert werden. Von der Struktur her ähnelt SALOUM dem Tarantino/Rodriguez-Genre-Mashup FROM DUSK TILL DAWN, allerdings realisiert mit dem Budget – und der Energie – von EL MARIACHI. Nur deutlich spiritueller. SALOUM ist temporeich und cool, hat einen starken Soundtrack, flotte (französischsprachige) Dialoge, spannende Charaktere und eine erfrischende Selbstverständlichkeit, mit dem Übernatürlichen umzugehen. Das macht ihn zu einem kurzweiligen, ungewöhnlichen und trotz mancher Schwächen insgesamt unbedingt sehenswerten Genrebeitrag für alle, die im Kino gerne mal über den Tellerrand schauen. | |
Herr_Kees sah diesen Film im EM, Stuttgart | 08.04.2022, 00:44 |
Unter dem Affenbrotbaumvon D.S. | Permalink |
SALOUM ist anders. Anders als alle anderen Beiträge der FFF Nights 2022 sowieso, aber auch anders als vermutlich fast sämtliche sonstigen Filme, die man in einem durchschnittlichen Genrefan-Leben so zu sehen bekommt. Was als Söldner-Action mit leichten Western-Anleihen beginnt, erhält bald einen gehörigen Thriller-Einschlag und wird schließlich zu Geister-/Monster-Horror in flirrender Wüstenlandschaft. Dabei besticht SALOUM aber nicht nur durch seinen mehrfachen wilden Genrewechsel, sondern insbesondere auch durch die enorme Vitalität, die er ausstrahlt. Eine Lust am Filmemachen und Geschichtenerzählen, die man neben den inbrünstig aufspielenden Darstellern vor allem auch dem Kamerateam anmerkt, das stets nah am Geschehen enorme Energie einfängt, unglaublich bewegte Bilder auf die Leinwand bringt. Speziell im letzten Drittel sind sie mitunter gar zu bewegt und die Kamera ist zu nah am Geschehen, wodurch es oft unnötig hektisch und unübersichtlich wirkt. Das ist aber höchstwahrscheinlich auch budgetären Gründen geschuldet, denn es hilft dabei, Schwächen im Look der Monster bzw. der überaus günstig wirkenden CGI zu kaschieren – budgetäre Beschränkungen, für die auch die Tatsache spricht, dass in der linken unteren Ecke des Bildes bei Außenaufnahmen regelmäßig eine dicke Fluse zu sehen ist. Bei einer Produktion, die in professionellen Regionen unterwegs ist, wären entsprechende Szenen neu gedreht worden. Das schmälert jedoch das filmische Erlebnis SALOUM nicht. Ein so mitreissendes wie überraschendes und stets auch irgendwo berührend poetisches Erlebnis, das sich förmlich in einem Satz spiegelt, der uns zum Beginn wie zum Ende des Films dargeboten wird: „Rache ist ein Fluss, dessen Boden wir erst erreichen, wenn wir ertrinken.“ Unerwartete 7,5 Punkte von mir. | |
D.S. sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 10.04.2022, 02:58 |
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