She Loved Blossoms More

We have all the time in the world

von Herr_Kees
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Die drei Brüder Hedgehog, Japan und Dummy brüten über einer Methode, wie sie die verstorbene Mutter zurückbringen können. Der Kleiderschrank der Frau Mama dient ihnen dabei als eine Art Portal in eine andere Dimension, der Vater (Dominique Pinion in einer Gastrolle) finanziert das Projekt. Erste Experimente mit Tieren gehen schrecklich schief, seit Seth Brundles Teleportationsversuchen hätten wir auch nichts anderes erwartet.

Doch ob die Brüder tatsächlich an einer Zeitmaschine forschen und ob es wirklich drei Brüder sind, lässt der Film im Unklaren.

Denn die Protagonisten stehen ständig massiv unter Drogen- und Alkoholeinfluss, der Film ist im Grunde ein einziger – vor allem visueller – Trip, der dem Gehirn kaum Halt gibt, eine Referenz zu erfassen und das Gesehene auf seinen Wahrheitsgehalt zu überprüfen.

Sicher ist nur, dass SHE LOVED BLOSSOMS MORE einen ungewöhnlichen Umgang mit der Trauer um den Verlust eines wichtigen Menschen zeigt. Das macht ihn einerseits interessant, andererseits aber so sperrig, als wolle er Außenstehenden erst gar keinen Zugang in seine abgeschottete kleine Trauerwelt ermöglichen.
Herr_Kees
sah diesen Film im EM, Stuttgart

14.09.2024, 01:20


Ich sag's dir durch die Blume

von Leimbacher-Mario
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„She Loved Blossoms More“ ist griechisch-arthousiges Genregulasch mit Spleen und viel Leerlauf. Etwas eingebildet, viele gestelzte Dialoge, wenig wirklich zu lachen. Ein ziemlich zäher Trip. Über drei Brüder, die einen alten Kleiderschrank scheinbar in ein Modul zu einer fremden Dimension umgebaut haben… Was auf dem Papier viel geiler klingt als es sich dann offenbart. Auch für den Zuschauer.

Griechisch-unorthodox

Fangen wir beim Positiven an, das geht recht flott. Einige der Requisiten und Masken, Ideen und Ansätze, Hommagen und Momente gefallen mir gut. Der Look des Films spielt weit über seinem eigentlichen Budget, obwohl alles nur in diesem einen (exquisiten) Haus spielt. Die Beleuchtung und Wahl der Kameras und Bildmodi hat was. Mal edel, mal körnig, mal neonleuchtend. Dazu gibt es familiäre Themen wie Verlust oder eigene Identität unter dieser Oberfläche anzukratzen. Manchmal Ekel, manchmal Neugier, manchmal Drolligkeit. Aber das war's dann auch schon auf der Habenseite. Die meiste Zeit hat mich dieses hübsche Experiment echt angeödet. Und es ist hinter all seinen Möglichkeiten geblieben. Die Figuren fühlen sich nicht echt an, die Gespräche wirken aufgesetzt, alles wirkt sehr theoretisch und negativ-arthousig. Damit überzeugt man keinen. Da muss man schon hartgesottener Arthouse-Verfechter sein, um das einigermaßen im grünen Bereich zu sehen. Freaky, weird, im negativen Sinne. Ein bisschen sexy, ein bisschen abstoßend. Ich mag die giftgrünen Credits und wie gesagt einige Props. Aber im Grunde kann man sich das nicht schön koksen oder per Pillen in Regenbogenfarben eintauchen. Es sollte eben auch etwas immerhin ein bisschen Handfestes erzählt werden…

Fazit: Griechische Muttersöhnchen-Hippie-Kommune trifft „Die Fliege“ ohne Budget trifft Bodyhorrormandala. Anstrengend und eingebildet. Visuell durchaus ansprechend, haptisch, nerdig. Cooler Look. Würde dabei halt nur eine halbwegs interessante Geschichte erzählt… Ziellos und zunehmend zäh.
Leimbacher-Mario
sah diesen Film im Residenz, Köln

20.09.2024, 18:41


Amphetamine Logic

von Alexander
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Manchmal gibt es Filme, die einen wieder in die Zeit zurückversetzen zu vermögen, als das eigene Filmherz noch so wunderbar unverdorben und jungfräulich war, als selbst die simpelsten Filme, die man seinerzeit als Teenager auf einem von nur wenigen TV-Sendern auf seinem kleinen Röhrenfernseher in den 70er Jahren schaute, einen verzücken und entrücken konnten. „She Loved Blossoms More“ war für mich endlich mal wieder so ein Film.

Ich erinnere mich noch an eines meiner allerersten, und seinerzeit intensivsten Filmerlebnisse, als wäre es gerade erst gestern gewesen. Das war seinerzeit der Film „La Belle et la Bête“ aus 1946 von Jean Cocteau, dieser schwarz/weiß Klassiker, den ich mit etwa 10 Jahren seinerzeit im „ZDF Matinee“ sonntagmittags sehen durfte. Ein nachhaltiges Filmerlebnis, eine wunderschöne, und für meinen zukünftigen Filmgeschmack, sehr prägende Erfahrung.

Heute im Kino hatte ich seit langer Zeit wieder diesen „Kindheitsmoment“, diese unschuldige Faszination, mit weit aufgerissenen Augen und verzaubert, einem kleinen Kunstwerk beiwohnen zu dürfen, das die eigene Erwartung grandios übertraf. Würde Jean Cocteau heute noch leben, würde er wahrscheinlich solche Filme machen.

Die Geschichte ist spannend. Drei Brüder, ihres Namens „Japan“, „Dummy“ und „Hedgehog“ genannt, bewohnen ein pittoresk ausgestaltetes Haus, dessen Interior-Style irgendwo zwischen südeuropäischer Romantik, nordenglischem Gothic und bizarrem Landhaus-Stil angesiedelt ist, und dessen verantwortlich zeichnenden Innenarchitekten ich sofort für meine eigenen Räumlichkeiten verpflichten würde.

Zahlreiche Gothic Bands dürften Tränen vergießen, angesichts dieser Traumkulisse, die für so manche New Wave Songs der 80er die ideale Bühne auf MTV hätte sein können. Dabei wird der ungewöhnliche Einrichtungsstil nur noch von der intensiven Farbgebung einzelner Szenen übertroffen, die bereits in der noch leisen Einleitung andeuten, dass die rauschhaften Kulissen vielleicht noch von einer ebenso rauschhaften Handlung begleitet werden könnte.

Irgendwo in dieser Villa haben die drei Brüder ein Labor eingerichtet. Dort experimentieren sie mit einer nicht näher benannten oder im Detail beschriebenen Apparatur, einer Einrichtung irgendwo zwischen Teleporter und Zeitmaschine. Dieser fallen zunächst diverse Tiere zum Opfer, die als Versuchsobjekte dienen um die metaphysische Erfindung in der Praxis auszutesten, was nicht immer für befriedigende Ergebnisse sorgt, manchmal an den Film „Die Fliege“ von Cronenberg zu erinnern mag, und von mir nebenbei auch eine echte Warnung für zart besaitete Tierfreunde ist, dem Film fernzubleiben.

Offensichtlicher „Sinn“ der bizarren und mit seltsamer Selbstverständlichkeit erzählten Ambition der Brüder ist es dann, deren verstorbene Mutter wieder aus dem Jenseits (oder der Vergangenheit?) zurückzuholen, wobei die Hintergründe der Familie und die ganze Dramaturgie sich nur sehr langsam entblättern.

Dabei driftet „She Loved Blossoms More“ immer mehr in eine rauschartige Fantasie ab, die stellenweise nicht mehr zu begreifen ist. Man gibt sich wie selbstverständlich und ganz nebenbei dem Drogenkonsum hin und sogar das kolumbianische Marschierpulver liegt in diesem Film nicht weiß, sondern in schillernden gelben und grünen Lines auf dem Tisch. Irgendwann verschmelzen Rausch und Realität, ist der Film eine die eigene Sensorik betörende Kunst, die man am liebsten auch selbst riechen, schmecken und fühlen würde.

In einem Satz lässt sich „She Loved Blossoms More“ wohl am besten als einen europäischen, „southern steam punk gothic trip“ beschreiben. Die audiovisuellen Effekte sind angesichts des sicherlich extrem begrenzten Budgets mehr als nur beeindruckend, so wie auch Set- und Creature-Design. Aber der Film mag sich nicht alleine auf seine opulente Optik beschränken, sondern fordert den Cineasten schelmisch heraus, in dem er sogar Zitate aus diversen Stanley Kubrick Filmen einstreut, wie z. B. „It is full of stars“ (2001) oder „All work and no joy make Jack a dull boy“ (Shining). Ich war vollkommen geflashed. Was die Griechen hier als Erstlingswerk abgeliefert haben, ist eine Granate und ich bin mir sicher, dass wir von Regisseur Yannis Veslemes in der Zukunft noch einiges sehen werden.

Meine Bewertung werden hier wahrscheinlich wieder einige nicht verstehen. Ich bewerte Filme halt nicht nach ihrer Logik, den schauspielerischen Leistungen oder der handwerklichen Perfektion. Ich bewerte sie danach, ob sie mich nachhaltig beeindrucken können. Und das konnte „She Loved Blossoms More“. Denn im Gegensatz zu dem gehypten „The Substance“ ist „She Loved Blossoms More“ nicht nur plakativer „Körper“, sondern eben auch extrem viel „Seele“.

Deshalb 10 Sterne von mir, für einen der besten FFF-Drogentrips seit „Naked Lunch“.

„All your hidden faces
Your seven veils unfold
Give me forbidden places
All your tales untold
Give me ever and always
Ever and always
Body and soul
Heaven and hope eternal
Over your heart of gold
Sun and sunset
Burning in the flame you hold“

The Sisters of Mercy, „Body & Soul“, 1984.
Alexander
sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt

20.09.2024, 20:32


Heavy Trip

von D.S.
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Der zweite Langfilm des griechischen Regisseurs Yannis Veslemes, der bereits an THE FIELD GUIDE TO EVIL beteiligt war, ist weder Science Fiction noch Horror, weder Comedy noch Thriller. Meiner Meinung nach weisen alle Genrezuschreibungen, die Rosebud im FFF-Programmheft vorgenommen hat, in eine falsche Richtung: SHE LOVED BLOSSOMS MORE ist ein lupenreines Drama – wenn auch eines mit sehr stark surrealem Einschlag. Sehr, sehr, sehr trippy.

Darauf muss man sich einlassen können, und der Film hilft dem Betrachter zunächst nicht gerade dabei: Man wird mitten in ein nicht genauer erläutertes Geschehen rund um drei nicht genauer skizzierte Personen hineingeworfen, die in einer rumpeligen Wohnung in Athen hausen, dort permanent Unmengen an Drogen konsumieren und irgendwelche Experimente mit einer Maschine durchführen, die eigentlich nur ein Kleiderschrank ist. Die Erzählung wirkt über das erste Drittel, wenn nicht die erste Hälfte des Films hinweg nahezu fragmentarisch, man muss sich selbst einen Zugang zur Handlung und ihren Protagonisten erkämpfen – und versuchen, Interesse am Gezeigten zu entwickeln, das zunächst nur wenige Höhepunkte verzeichnen kann. Wenn man von zwei unerfreulichen „Tierversuchen“ absieht.

Irgendwann wird klarer, wer genau hier eigentlich was genau unternimmt: Es handelt sich um drei Brüder, in deren Mittelpunkt steht „Hedgehog“ (der eine nicht zu leugnende Ähnlichkeit zu Jake Gyllenhaal aufweist), die anderen heißen „Dummy“ (ganz besonders verdrogt) und „Japan“ (der Science-Nerd, wenn man so will). Und sie versuchen, ihre verstorbene Mutter aus einer Art Jenseits-Dimension zurückzuholen. Oder vielleicht auch, in die Zeit vor ihrem tödlichen Unfall zurückzureisen und sie dort vor dem Tod zu bewahren. So genau wird das nicht spezifiziert.

Wie erwähnt, gestaltet sich das alles über geraume Zeit hinweg sehr sperrig: Abgesehen von der interessanten Wohnung und der faszinierenden Beleuchtung, die durchaus auch mal Erinnerungen an Argento-Werke wie SUSPIRIA wach werden lässt, passiert erst einmal recht wenig, das man fesselnd nennen könnte. Wirre, drogengeschwängerte Dialoge, Alkohol, weitere wirre Dialoge, seltsame Computer-Kommunikation mit dem nach Paris übergesiedelten Vater, der auf den Namen „Logo“ hört. Dann kommt ein wenig Leben in die Bude, als „Japans“ Freundin Samantha die Brüder-WG besucht. Lustigerweise heißt sie genau wie die verstorbene Schildkröte des Vaters. Man kann hier nach Bedeutung suchen. Oder es bleiben lassen. Weniger „lustig“ wirken die Sexszenen und die Mengen an nackter Haut, die kurzzeitig folgen. Für die Geschichte eher überflüssig, atmosphärisch etwas deplatziert. Aber vielleicht können sie den einen oder anderen im Publikum wieder aufwecken.

Wäre schade, wenn nicht, denn einerseits nimmt die Handlung nun Fahrt auf, andererseits offenbart sich auch bald mit einiger Vehemenz der emotionale Kern der Erzählung. Diese lässt sich einerseits als Allegorie auf die individuell unterschiedliche Verarbeitung von Verlust und Trauer bzw. den potenziell selbstzerstörerischen Umgang mit ihr lesen – ich fühlte mich auf eine seltsame Art und Weise irgendwo sehr an den erzählerischen Ansatz von DIE BRÜDER LÖWENHERZ erinnert. Andererseits aber auch als eine Allegorie auf den Prozess der Abnabelung von den Eltern, des Erwachsenwerdens. Ein interessantes Detail dabei ist, dass der Vater mit seinen nur in Griechisch kommunizierenden Söhnen ausschließlich Französisch spricht – ein Verweis auf ihre gegenseitige Entfremdung?

Ja, es dauert lange, bis man sich hier orientiert hat und dem Geschehen im Detail folgen kann. Oder mag. Dann wird das Ganze aber irgendwann zunehmend sehr berührend, nahegehend. Dabei sorgen die interessante Bildgestaltung, insbesondere das Spiel mit Licht und Schatten, wie auch das ungesehene „Creature Design“ für ein Drogentrip- bzw. durchaus albtraumhaftes Gefühl. Eine wirklich eigenständige Mischung aus dem europäischen Arthouse-Kino der 60er/70er-Jahre, ein wenig Body-Horror und rauschhafter Visualität. Fordernd – aber lohnend. Was ich anfangs wirklich nicht gedacht hatte. Seiner Originalität, der nachhaltigen Wirkung und der am Ende wuchtigen Emotionalität wegen: 7 Punkte.
D.S.
sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt

21.09.2024, 03:27




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