Übererklärtvon Holger Hellmuth | Permalink |
Tja, hätte ja ganz gut werden können. Ein ernstes Thema, durch symbolüberfrachtete Bilder dem Zuschauer nahegebracht, zeigen durchaus Wirkung. Dummerweise aber ist alles zu lang und breit getreten. Man möchte immer wieder rufen: "Ja ich habs kapiert, weiter mit der Geschichte". Jede Wendung wird dem Zuschauer teilweise in langen Wiederholungen erklärt, als ob er Bild-Leser wäre. Der Film fühlt sich sehr künstlerisch an, wirkt aber oftmals in seiner ermüdenden Einfachheit nur überflüssig. Man kann’s mit Symbolik wohl auch übertreiben. Trotz seiner Fehler hat der Film im Kern aber eine interessante Geschichte und oft auch mal die passenden Bilder dazu. Nicht alles ist vorhersehbar (wenn auch vieles). Und die richtige Musikuntermalung hat er. Und möglicherweise bin ich einfach der falsche, um die künstlerische Seite des Films zu bewerten. | |
![]() | 20.07.2006, 20:40 |
Manege à troisvon Herr_Kees | Permalink |
Miike und Lynch wurden schon zum Vergleich herangezogen und der Film bewegt sich in der Tat im Spektrum zwischen Kunst- und Splatterkino. Viele Szenen in STRANGE CIRCUS sind selbst für abgebrühte Zuschauer schwer erträglich, sei es auf Grund ihres Inhalts oder weil sie schlichtweg in der Darstellung kein Ende nehmen wollen. Es geht STRANGE CIRCUS offensichtlich darum, den Zuschauer zu verunsichern, denn er liefert Puzzleteile, ohne letztlich eine Lösung anzubieten. Was ist Realität? Was ist Vorstellung? Welche Bilder sind expressionistische Metaphern, welche Bilder zeigen, was real passiert? Wie im Film verschwimmen auch im Kopf des Zuschauers die verschiedenen Ebenen und so braucht der Film noch einige Zeit, um in Gedanken nachzuwirken und sein volles Potenzial zu entfalten - nach dem Film ist in dem Film. Fazit: Interessantes, kontroverses Filmexperiment zum Thema Kindesmissbrauch, nur für hartgesottene Anhänger des asiatischen Kinos. | |
![]() sah diesen Film im Metropol 1, Stuttgart | 21.07.2006, 12:54 |
Strange!von lexx | Permalink |
Was wir mit Strange Circus vorgesetzt bekommen, ist alleine schon von der Kinderschändungs-Thematik ein schwieriges Thema, und selbst wenn man dies außer Acht lässt, ist der Film nicht wirklich einfacher zu verdauen. Das letzte Mal war ich bei Lynchs Mulholland Drive so verwirrt, als sämtliche Schauspieler nach öffnen der Blue Box plötzlich neue Rollen zugesprochen bekamen. Der Höhepunkt wird bei Strange Circus aber im letzten Drittel erreicht, wo einige unklare Stränge zwar aufgeklärt werden, aber nur um kurz darauf alles gleich wieder über Bord zu werfen. Insgesamt zeigt der Film wunderbar skurrile Bilder, die eine gelungene Symbiose aus sonderbarer Lynch Ästhetik und krankem Asia Stil der Marke Miike bilden. Die klassische Musikuntermalung tut ihr übriges dazu. Zentraler Angelpunkt ist der Cellokasten, in dem das kleine Mädchen eingesperrt, durch ein kleines Loch dem Treiben ihres Vaters mit der Mutter beiwohnt und dann auch selbst in die Rolle der Mutter schlüpft, was später scheinbar immer mehr zur Schizophrenie führt und den Zuschauer des Öfteren auf eine harte Probe stellt, nicht nur des Verständnisses wegens. Blutig geht es auch zur Sache, wobei man gegen Ende dann endgültig durchdreht. Zu erwähnen ist auch die ungemein gemächliche Erzählweise, die teilweise auf den Zuschauer elendig lang einwirkt und erst viel später drastisch angezogen wird. Als Fazit bleibt ein typisch asiatisch gewöhnungsbedürftiger Film, der keine Tabus kennt und sich dadurch auch nicht scheut die peinlichsten Gedankengänge auf die Leinwand zu bringen, was ja wiederum ein Grund ist, weshalb das Fantasy Filmfest in Genrekreisen so beliebt ist. Letztlich aber ein Film der nur sehr experimentell veranlagten Zuschauern zu empfehlen ist. Alle Anderen werden wahrscheinlich zwischendurch um ihr Geld und die vergeudete Zeit bangen. | |
![]() sah diesen Film im Metropol, Stuttgart | 22.07.2006, 21:02 |
Irgendwie strangevon Michaela | Permalink |
Genial - die ruhige Atmosphäre, unterlegt mit heiterer, beschwingter Musik, aber nicht von der düsteren Story ablenkend. Grelle Bilder, die sich mit eher blassen Bildern abwechseln. Sehr lynchesk oder auch Ken Russell-mäßig, ohne so überdreht zu werden (naja, vielleicht gegen Ende hin). | |
![]() sah diesen Film im City, München | 25.07.2006, 00:07 |
Kreisläufevon Rohrkrepierer | Permalink |
"Strange Circus" braucht Zeit - und die nimmt sich der Film auch in an Miikes ruhige Momente erinnernder, intensiver Langsamkeit. Der Film traut sich tatsächlich auf dünnes Eis, was den Umgang mit Sexualität und Vergewaltigung schon in jungen Jahren betrifft, bleibt dabei aber überraschender Weise stets poetisch und gleitet nicht ein einziges Mal in platte Exploitation ab, wie ich es eigentlich erwartet hatte. "Strange Circus" ist ein trauriger Film, der sich immer auf die Macht seiner Bilder und die Fähigkeiten seiner Darsteller verlassen kann und die Gewalt nicht vordergründig auszuspielen braucht, um sie spürbar zu machen. Sono bereitet tatsächlich Schmerz mit diesem Film, aber auf einer Ebene, die den Sinnesorganen versperrt bleibt und das Herz berührt. So kitschig wie das hier klingt ist es teilweise auch, aber es fügt sich perfekt in die überstilisierte Darstellung ein und formt ein Ganzes von enormer Kraft. Wenn sich der Film doch nur die schwachen letzten zwanzig Minuten geschenkt hätte, was für ein kraftvolles Werk wäre es geworden. In einem Anflug von Erklärungsnot versucht Sono dem sich anfänglich aller offensichtlicher Deutung zu entziehenden Film eine Lösung auf den Leib zu schneidern. Dem bisher Gezeigten unwürdig wird der Zuschauer mit der Nase auf eine Auflösung aller Verstrickungen gestoßen, die mir nicht so recht mundete und vollkommen überflüssig war. "Strange Circus" lebt von seiner Interpretierbarkeit und seiner nebelhaft vor sich hergleitenden Geschichte und bildhaften Kraft. Dieses plumpe, ja fast dumme Ende hat er nicht verdient, ist er doch davon abgesehen ein kleines Meisterwerk des sich aller Genrekonventionen entziehenden Films. | |
![]() sah diesen Film im Cinecitta' 4, Nürnberg | 01.08.2006, 11:27 |
Bildgewaltig, inhaltsschwervon D.S. | Permalink |
Man darf sich von der bizarr anmutenden Eröffnungssequenz und den unzähligen Täuschungsmanövern des Films nicht in die Irre führen lassen: "Strange Circus" besitzt durchaus eine klare, nachvollziehbare und in sich stimmige Handlung. Er offenbart sie nur eben auf eine sehr verklausulierte Art und Weise und lockt auf allerlei falsche Fährten, bevor er im letzten Filmdrittel dann umso deutlicher darüber aufklärt, was hier eigentlich gespielt wird. Dabei besticht er vor allem in seiner ersten Hälfte durch eine außergewöhnlich kraftvolle und innovative Bild- und Tongestaltung. Immer wieder treten wir hier in grotesk übertonte Traumwelten ein, die in ihrer Atmosphäre mehr als einmal an bestimmte Filme bzw. Filmsequenzen David Lynchs erinnern. In der zweiten Hälfte baut "Strange Circus" da zwischendurch leider öfters mal deutlich ab: die Außenszenen wirken eher schäbig und sorgen für einen gewissen Bruch im Erzählfluß. Aber es gibt nur vergleichsweise wenige dieser Szenen, über den größten Teil des Films sind wir Innen: nämlich im Elternhaus Mitsukos, in dem sie unfaßbare Greueltaten ihrer Eltern über sich ergehen lassen mußte. Und innen drin in ihrem Kopf. Mitsuko wird von ihrem Vater aufs Übelste mißbraucht, in gewisser Hinsicht werden hier wirklich neue Perversionslevel erreicht. Ihre Mutter duldet das alles nicht nur, sondern nimmt aktiv an der Vernichtung ihrer Tochter teil - und haßt das hilflose Mädchen dann auch noch dafür, zum Sexobjekt ihres Vaters geworden zu sein. Mitsukos Leben ist die Hölle - aber das ist erst der Anfang der Geschichte... Was folgt, sind kaum zählbare Wechsel der Erzählebene, eingeschobene Traumsequenzen und ein vorläufig nur schwer entwirrbarer Irritationsgrad hinsichtlich der Grenzen zwischen Realität und Traum bzw. Halluzination. Insbesondere, als in der Mitte des Films eine komplette Verschiebung der Narrationsperspektive eintritt, verliert man durchaus den Boden unter den Füßen und kann sich nur noch schwer im Geflecht einander widersprechender Handlungsstränge orientieren. Doch "Strange Circus" ist kein selbstverliebter Kunstfilm oder nur daran interessiert, den Betrachter vor den Kopf zu stoßen. Er bietet uns am Ende eine Auflösung alles zuvor Gesehenen, die nicht nur stimmig ist - und dabei die inhaltliche Härte des Films noch mal deutlich erhöht. Nein, außerdem läßt diese Auflösung vieles des Vorangegangenen als äußerst angemessene Darstellungsweise erscheinen, im Nachhinein schwindet ein Gutteil der Irritation und verwandelt sich in pure Intensität. "Strange Circus" ist ein sehr rauschhaftes, ungewöhnliches Filmerlebnis, das über weite Strecken hypnotisiert und mit seiner künstlerischen Kraft nachhaltig beeindruckt. Inhaltlich ist er konsequent tabulos, was die Beschäftigung mit seinem Thema angeht, und dabei über weite Strecken auch ziemlich schmerzhaft. Leider aber nur über weite Strecken, für mich persönlich nicht in seiner Gänze. Denn so traurig, widerwärtig und dabei ja doch realistisch seine Ausgangssituation ist: nach einiger Zeit nutzt sich der Schockeffekt des Ganzen ein Stück weit ab. Die Lage von Mitsuko wird im Laufe der Zeit ganz und gar nicht erträglicher. Allerdings wird sie ab einem gewissen Punkt, wenn überhaupt, nur noch in ihrer Intensität, nicht aber in ihrer Qualität variiert. So geht auf Dauer ein Teil der Wirkung des Geschehens ein wenig verloren. Dies gilt jedoch nur vorübergehend, denn ab dem zentralen Wechsel der Erzählperspektive baut sich hier etwas völlig Neues auf. Etwas, das man inhaltlich etwas fragwürdiger bzw. etwas weniger glaubwürdig finden kann als das vorher Gezeigte. Unglaublich krass wirkt es aber zweifellos, die Aufdeckung des Mysteriums erzielt einen ähnlichen Effekt wie damals bei "Oldboy" (ohne dabei inhaltliche Ähnlichkeiten meinen zu wollen). Da es mir aber vor dieser Aufdeckung, nach dem Perspektivwechsel ein ganzes Stück zu lange dauert, bis das Geschehen wieder Fahrt aufnimmt; da ich die Sequenzen, die sich mit dem namengebenden "Seltsamen Zirkus" beschäftigen, eher störend fand; und da sich für mich an manchen Stellen doch Ausreizungserscheinungen hinsichtlich der Storyidee bemerkbar machten, gebe ich dem Film nur 7 Punkte. Dennoch sollte man ihn sich unbedingt ansehen, wenn man Interesse am kraftvollsten und beeindruckendsten Mindfuck des Festivals hat - der zudem noch über eine klare Idee und Botschaft samt originärer Umsetzungsmethode verfügt. | |
![]() sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt | 03.08.2006, 07:02 |
"Wer ist Ignacio?"von Timo | Permalink |
Die etwas andere Art, sich mit Kindesmissbrauch auseinanderzusetzen. Visuell beeindruckend, was nach THE SUICIDE CIRCLE klar war, jedoch eine vielschichtigere Geschichte. Was vor allem schockiert, ist die trockene und fast selbstverständlich wirkende Grausamkeit, mit der STRANGE CIRCUS zu Buche schlägt: Tiefe Hiebe in die Magengegend bleiben nicht aus. Wir werden als Publikum involviert, verschmelzen mit der Geschichte. Das hat zur Folge, dass der Film zu einem sehr intensiven Erlebnis wird. Ich bin sehr erstaunt über die tollen Darsteller und die fesselnde Handlung, mit deren Twists wohl niemand gerechnet hat. Schockierend, aber eigentlich auch tief tragisch. Spannendes Familiendrama mit knallharten Momenten. | |
![]() sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt | 03.08.2006, 07:45 |
Kunschtvon GeorgeKaplan | Permalink |
Vorab, ich habe keine Probleme mit verschachtelten Erzählsträngen, einer irrealen Logik, visuell verwirrenden Trips oder Filmen, die sich erst nach mehrmaligem Sehen erschließen. Im Gegenteil: zu meinen Lieblingen gehört David Lynch. Ich kann aber unterscheiden zwischen gekonnt und nur gewollt. Ich hatte bei "Strange Circus" schon nach fünf Minuten den Eindruck, im falschen Film zu sein. Schwindel und Ohnmacht wird durch ein drehendes Karussel gezeigt, innere Verletztheit durch blutrote Wände. Wow, diese Symbolik, da schnallste ab, Mann. Schade nur, dass dem Regisseur außer diesen nicht gerade subtilen Vergleichen nichts weiter einfällt, immer wieder werden diese Bilder mit Holzhammer eingetrichtert. Einfallsreichtum sieht anders aus. Nach 75 min. hatte ich dann genug davon, von der Geschichte, die sich in einem Nichts verlor, von penetranter "künstlerischer" Untermalung mit Orgelmusik und Klassik, die nur leider überhaupt keinen Bezug zu den Bildern hatte, von dem ganzen marktschreierischen "Achtung: Kunst!"-Gedöns. Mag sein, dass ich damit die Mässätsch nicht mitbekommen habe, den finalen Dreh, die Konklusion. Allen, die mich jetzt als Kunstbanause abqualifizieren: ich bin zum ersten Mal seit 20 Jahren vorzeitig aus dem Kino rausgegangen. Ich habe mir geduldig Tarkowski, Rohmer, Bergman angeschaut, die wirklich etwas zu sagen haben. Rausgegangen bin ich seinerzeit bei "Die Rückkehr der Jedi-Ritter". | |
![]() sah diesen Film im Cinedom 6, Köln | 06.08.2006, 20:19 |
Masterpiece!von FFFler | Permalink |
Der mit Abstand beste Film des FFF und wohl auch der beste, den ich dieses Jahr bisher gesehen habe. Miike meets Lynch könnte wohl am ehesten dieses Meisterwerk beschreiben. Jedoch ist es wie bei den genannten Regisseuren nicht nur die großartige Inszenierung, mit herrlich skurrilen Ideen und wundervollen Farbgebungen, die den Film ausmacht, sondern die Geschichte, bzw. die Charaktere des Films. Diese konnten nicht nur häufig überraschen, sondern versetzen auch durchweg Schläge in die Magengrube und auch das geniale Finale konnte begeistern. Sicherlich alles andere als ein Film für das normale Kinopublikum, aber ein Meisterwerk für mich und für so einige andere, die mit im Saal waren. | |
![]() sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt | 10.08.2006, 12:42 |
Nervigvon patient348 | Permalink |
Ich kann Herrn Kaplan nur meine 100%tige Zustimmung geben, auch ich wäre am liebsten früher raus aus diesem Schrott-Film, war aber nicht alleine drin und wollte meinen Mitseher nicht nötigen, nur aus Höflichkeit mit zu flüchten. Wie schon gesagt, das Review von George Kaplan bringt’s exakt auf den Punkt, 'STRANGE CIRCUS' ist gewollt aber weit entfernt von gekonnt! Auch ich liebe Lynch, war begeistert von FFF-Filmen wie Memento oder Machinist, bei Strange Circus allerdings hab ich es fast nicht mehr ausgehalten weiter zu gucken, weil der Film eine Frechheit ist, peinlich diese lächerliche Symbolik, und immer wieder die gleichen Sätze, die dann auch nur inhaltsschwanger klingen, es aber nicht sind. Mein Gott war ich froh, als die nicht enden wollende Schlusssequenz endlich vorbei war und der Film zu Ende. Auch wieder mal ein Top-Nervfaktor: die Musik! Zu laut (viel zu laut), mega penetrant und absolut abtörnend!, dieser Geigen Melodie-Loop! immer und immer wieder, sicher sollte das auch irgendwie irgendwas bedeuten... (man hätte auch die Melodie von Pac-Man nehmen können, dann wärs wenigstens lustig gewesen und hätte auch nicht weniger Sinn gemacht) Und dafür hab ich den zeitgleich laufenden 'HOLE' sausen lassen... :(( | |
![]() sah diesen Film im Cinemaxx 6, Berlin | 13.08.2006, 03:58 |
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