Untrue Crimevon Herr_Kees | Permalink |
Einem Film, der sowohl in seiner Marketingkampagne als auch zum Filmbeginn derart offensichtliche Fährten legt, ist nicht zu trauen. „The Lady“ vs. „The Demon“ – wirklich? Die Verunsicherung des Zuschauers ist definitiv Programm. So beginnt der Film – Untertitel „A Thriller in 6 Chapters“ – mit Chapter 3. Der Zuschauer darf sich also die Handlung und die tatsächliche Motivation und Identität der Charaktere selbst zusammenpuzzeln. Das macht dann auch den größten Reiz des Films aus: Das Machtgefüge zwischen den beiden von Willa Fitzgerald und Kyle Gallner gespielten Charakteren wechselt ständig (oder nicht?) und man sucht die ganze Zeit nach Anzeichen für die eigene Theorie, die parallel zum Film mitläuft. Manche Twists sieht man kommen, andere nicht. Insgesamt ist STRANGE DARLING dann doch nicht so clever, wie er sich verkauft, kurzweilige, spannende und auch etwas blutige Unterhaltung ist aber in jedem Fall garantiert. Das "gesunde" Sonntagsfrühstück von Ed Begley Jr. und Barbara Hershey wird man jedenfalls im Gedächtnis behalten. Und auch die verträumten Songs von Z Berg bleiben einem noch eine Weile im Ohr. | |
Herr_Kees sah diesen Film im EM, Stuttgart | 17.09.2024, 00:23 |
Eine ganz einfache Geschichte, sehr kompliziert erzähltvon Alexander | Permalink |
Zugegeben, die Handlung von „Strange Darling“ könnte auf eine kleine Kinokarte passen. Und dass der Film sich dann auch noch für wesentlich intelligenter gibt, als er es eigentlich ist ... geschenkt! Denn die in 6 verschachtelten, und nicht chronologisch vorgetragenen Kapiteln, vor- und rückwärts erzählte Geschichte, macht Laune und unterhält hervorragend. „Strange Darling“ spielt mit den Erwartungen des Zuschauers. Böser, alter, weißer, und auch recht notgeiler Mann, landet mit einer offensichtlich viel zu jungen Dame im Motelbett, nachdem er diese mit ein paar Bier gefügig gemacht hat. Der Mann ist ein Schwein. Oder doch nicht? Es weht ein Hauch von Tarantino durch den Film und viele kleine Ideen, unerwartete Twists und spaßige Einfälle, wie z. B. das Cholesterol-reichste „Frühstück des Todes“ der Filmgeschichte, sowie die ein oder andere plötzliche Härte, halten den Zuschauer bei der Stange, die Spannung hoch und so manche Überraschung immer dann parat, wenn man sie am wenigsten erwartet. „Strange Darling“ schaffte es mich zu überraschen und bestens zu unterhalten. Natürlich wird der ein oder andere erfahrene Cineast wieder mit erhobenem Zeigefinger konstatieren, dass er den angeblich so cleveren „Twist“ doch schon nach 10 Filmminuten gegen den staubigen Wind riechen konnte. Mag ja sein. Ich für meinen Teil hatte dafür halt einfach nur Spaß. | |
Alexander sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 21.09.2024, 21:14 |
Der Poser des Jahresvon Leimbacher-Mario | Permalink |
Nahezu jede Saison gibt es diesen Überraschungsfilm, der auch in den Mainstream vordringt und bei dem es weit und breit heißt: „Geh bloß blind rein, ohne Trailer oder zu viel zu lesen davor!“. „Strange Darling“ ist der diesjährige Ableger dieser Ü-Ei-Filme von denen viele allein unter den hohen Erwartungen zusammenbrechen. „Strange Darling“ tut das zum Glück nicht. Oder zumindest nie ganz. Und vor allem nicht in seiner B-Note, in Sachen Optik und Flair. Die sind edel und wichtig. Aber die Geschichte samt „Wendungen“, puh… Es geht um einen Serienkiller und seine letzten, verzwickten Taten… Ich jage, also nimm mich! „Strange Darling“ sieht schnieke aus - reißt diesen Look dann aber mit der Ankündigung „Shot completely on 35mm“ schon vor Beginn eigentlich wieder ein. Plakativ und on your nose, das soll auch danach das Motto bleiben… Der Komponist schläft teils auf dem Bass ein, wacht dann aber plötzlich genug wieder auf. Das sprunghafte und die Kapitel wären wohl eher '91 cool und originell gewesen - haben aber natürlich ihren Sinn hier und machen schon Spaß. Gegen Gallner und Fitzgerald kann man gar nichts sagen. Beide sind frech und fies und haben kranke Vorlieben. Die sich toll haltende Hershey stiehlt samt Filmehemann mit einem Kurzauftritt mittig kurz die Show. Die Beleuchtung ist stylisch und sehr aggressiv. Die vielen Songs sind nice und handverlesen. Kurzweile und Härte stimmen. Geschlechterrollen und Klischees werden auf den Prüfstand gestellt. Manche kleinere Details und Boshaftigkeiten stechen positiv heraus. Das passt, daher will ich nicht zu streng sein. ABER die Geschichte und ihre Wendungen, die in sämtlichen Kritiken und Anpreisungen und dem Marketing so hervorgehoben werden… meimeimei. Viele Wege hat das Ding ja nicht - und dennoch tut er wirklich so, als ob man seinen Kniff nicht schon nach 2 Minuten riechen würde wie einen nassen Hund. Das stößt einfach übel auf und hat mir die ganze Zeit auf der Leber gelegen. Gehofft habe ich noch, dass er eventuell komplett außerhalb der Box denkt, selbst mich noch kalt erwischt und nicht den grell vorgezeichneten Weg nimmt - aber nein, ganz ungeniert und unbedarft rennt er in die Fallen, die er sich selbst gelegt hat. Ein Verwirrspiel ist das nicht, ein „Pulp Fiction“ ist das nicht, ein „Hard Candy“ ist das nicht. Obwohl ich dann ganz am Ende über eine paar Spielchen und Gemeinheiten - auch klarsten Aussagen zu MeToo-Ausnutzungen! - wieder grinsen musste. Der Weg zum Letdown war immerhin ein heißer. Ich komme aber nicht an seinen Selbstfehleinschätzungen vorbei… Vielleicht bin ich auch einfach hier nur die filmnerdige Spassbremse. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Fazit: „Du bist nur halb so schlau wie du denkst und nicht halb so erfahren wie du tust“, sagt der Vater zu seinem Sohn. Dieser nickt und zieht lässig an seinem Joint. | |
Leimbacher-Mario sah diesen Film im Residenz, Köln | 24.09.2024, 00:41 |
War was?von D.S. | Permalink |
Hypes sind immer eine interessante Sache, berechtigt sind sie aber allzu oft nicht. STRANGE DARLING etwa hat seinen nicht wirklich verdient, denn außer einer besonders offensiv zur Schau getragenen Pseudo-Coolness hat er eigentlich nichts weiter Außergewöhnliches zu bieten. Eine non-lineare Erzählweise und ein alles auf den Kopf stellender Twist sind ja nun spätestens seit den 90ern nichts Neues mehr. Deshalb erschließt sich mir auch wieder einmal nicht so ganz, warum ausgerechnet hier nun Hinz und Kunz und jede Feld-Wald-und-Wiesen-Postille meinen, das Ding müsse man aber ganz unbedingt gesehen haben. Was nicht heißen soll, dass es sich um einen schlechten Film handelt. Unsere beiden Hauptdarsteller (Kyle Gallner, DINNER IN AMERICA, als „The Demon“ und Willa Fitzgerald, THE FALL OF THE HOUSE OF USHER, als „The Lady“) sind mit viel Spielfreude dabei, ihre Figuren haben ein paar ungewöhnliche, überaus denkwürdige Eigenarten, die Action ist reich- und bluthaltig genug. Die verschachtelte Narrationsstruktur, die zwischen sechs Kapiteln vor und zurück springt, hält das Interesse hoch und den Zuschauer dadurch bei der Stange. Wenn man genauer hinschaut, entpuppt sie sich aber auch als nahezu notwendig, um hier für echte Unterhaltung zu sorgen. Chronologisch erzählt, würde die Story, die sich um die Jagd eines Serienkillers nach seinem letzten Opfer dreht, keinen Hund hinter dem Ofen hervorlocken. Ohhhh ja, es gibt den oben bereits erwähnten Twist. Den sieht aber nun wirklich jeder sehr bald kommen, der mehr als einen Film mit einer „überraschenden Wendung“ kennt. Und seine inhaltlichen Implikationen sind vielleicht auch nicht gerade die angebrachtesten, wenn man sich mal anschaut, wie sich das Verhältnis zwischen den Geschlechtern in der Realität überwiegend ausgestaltet – aber das ist ein anderes Thema. Von den mehr oder weniger schräg angelegten Charakteren und ein paar wenigen fein fiesen Gewaltszenen abgesehen, hat die Handlung in der „richtigen“ Reihenfolge erstaunlich wenig Gehaltvolles aufzuweisen. Tatsächlich kommt sie nicht mal um einige Längen herum, die vor allem im Bereich „Bett-Geschichten“ zu verorten sind. Aber gut, der Film hat nun mal seine wild durcheinander wirbelnde Erzählweise. Er hat schrill überzeichnete Figuren und auch sonst eine Menge Lautstärke und Wumms am Start. Und dadurch sorgt er für angenehmen Zeitvertreib, wenn man nicht zu viel über die Details nachdenkt. Grund für einen Hype ist das aber noch lange nicht. 6,5 Punkte. | |
D.S. sah diesen Film im Harmonie, Frankfurt | 24.09.2024, 03:53 |
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