Märtyrerinvon Lovecraft | Permalink |
Daß Pascal Laugier keine Standardkost mag, hat er bereits vor mehreren Jahren mit dem großartigen, kontroversen "Martyrs" mehr als deutlich gemacht. 2012 folgt nun "The Tall Man", und auch dieser weiß den Zuschauer an mehreren Stellen restlos zu verblüffen, wenn auch nicht so radikal wie sein Vorgänger. Ohne in die Mainstreamschiene abzugleiten, ist dieser gut besetzte Mysterystreifen mit Sicherheit für ein deutlich breiteres Publikum zugänglich. Wie schon im Programmheft angesprochen, auch von meiner Seite der dringende Ratschlag: Bis auf die Tatsache, daß es um verschwundene Kinder in einer US-Kleinstadt geht, besser gar nichts über den wendungsreichen Plot in Erfahrung bringen. Ob einem die Twists und die Auflösung letztlich zusagen, muß wohl jeder individuell für sich entscheiden. Ich jedenfalls war bis zur letzten Minute gefesselt. Technisch ist der Streifen sowieso auf höchstem Niveau, streckenweise hochspannend, und Jessica Biel liefert auf ihrer Tour de force eine bärenstarke Leistung ab. | |
Lovecraft sah diesen Film im Cinemaxx 7, Berlin | 26.08.2012, 08:42 |
Wer hat Angst vorm bösen schwarzen Mann...von glorrk | Permalink |
...denken sich die Bewohner des abgeschiedenen Bergkaffs Cold Rock, da immer wieder Kinder verschwinden und sie den "Tall Man" dafür verantwortlich machen. Auch der Sohn von Jessica Biel (also ihrer Filmrolle ;-)) verschwindet eines Tages und sie macht sich auf die Suche... ...mehr soll hier nicht verraten werden. Pascal Laugier mit einem Werk, so ganz anders als sein skandalumwitterter Vorgänger "Martyrs" - er setzt vorwiegend auf Spannung und Plottwists und kommt erstaunlich unblutig und gewaltfrei rüber im Vergleich. Leider wirken die Plottwists auf mich etwas zu gewollt, mag aber auch daran gelegen haben, dass ich nicht alles vollumfänglich sprachlich verstanden hatte. Derweil ein "solide, aber nicht herausragend..." | |
glorrk sah diesen Film im Cinema, München | 01.09.2012, 13:26 |
The Third Mothervon Herr_Kees | Permalink |
Wie nach MARTYRS nicht anders zu erwarten, dreht Pascal Laugier keinen gewöhnlichen Mysterythriller: THE TALL MAN ist spannend und geheimnisvoll, bringt einige unerwartete Wendungen und wirft gegen Ende auch noch Fragen gesellschaftlicher Relevanz auf – einzig Jessica Biels Püppchengesicht bleibt mit der Rolle etwas überfordert. | |
Herr_Kees sah diesen Film im Metropol 1, Stuttgart | 05.09.2012, 23:57 |
look closer.von Timo | Permalink |
Pascal Laugier ist nicht unbedingt mein Freund. Sein viel diskutiertes Werk Martyrs verfolgte zwar einen sehr interessanten Ansatz, schwelgte meiner Meinung nach aber viel zu sehr im bebilderten Elend und wirkte daher auch verlogen bis zum Anschlag. Mit The Tall Man begibt sich Laugier auf einen weitaus konventionelleren Pfad. Eine echte "Großproduktion", die optisch nicht nur wegen seiner Hauptdarstellerin Jessica Biel auch so aussieht. Dennoch kristalisiert sich hier heraus, was Laugier wirklich gut kann: eine Geschichte spannend erzählen. Eine Geschichte, die formal nur wenig hergibt, durch seine Inszenierung und ein gutes Drehbuch allerdings reift und reift – bis hin zur sozialkritischen Studie. The Tall Man ist packend und stellenweise auch richtig gruselig. Das tolle am Film ist aber, dass er sich immer wieder transformiert und aus dem einen Genre in ein anderes mündet. Jessica Biel ist überraschend gut (selbst) besetzt. Traut man ihr zu Beginn gar nicht zu und fürchtet noch, dass sie es ist, wieso der Film Schiffbruch erleiden könnte. Aber falsch gedacht. Ein guter Film. Mehr zum Inhalt darf an dieser Stelle gar nicht verraten werden. Das nimmt nur die Magie, die dem unvoreingenommenen Zuschauer vorbehalten ist. | |
Timo | 08.09.2012, 12:51 |
Reviewvon BuzzG | Permalink |
Für die volle Kritik bitte auf den Link unten klicken: Während „Martyrs" mit typischen Elementen der modernen Terrorkino-Welle startete und letztlich immer tiefer in das Martyrium seiner Protagonistin herabtauchte, beginnt „The Tall Man" fast wie ein konventioneller Mysterythriller irgendwo zwischen „Akte X", M. Night Shyamalan und Stephen King. Das Werk wechselt nach einem kurzen Anflug des Schreckens seine Marschrichtung entschieden und wird so vermutlich alle Zuschauer bitter enttäuschen, die sich hier nun ein neues Horrormeisterwerk erhofft haben. Ein Martyrium erleben wir am Ende zwar erneut, allerdings auf ganz andere Weise. „The Tall Man" spielt mit Erwartungshaltungen und verschleiert anfangs bewusst wichtige Informationen. Vor allem ist es ein Spiel mit der Perspektive, das Laugier dieses Mal treibt. Und hätte man den Ausgang der Geschichte nicht bereits vor einiger Zeit sehr ähnlich in einem anderen Film gesehen und würden die Mysteryelemente nicht einer eindringlicheren Charakterzeichnung im Weg stehen, so hätte aus diesem Stoff womöglich eine weitere Großtat entstehen können. | |
BuzzG - Original-Review | 11.09.2012, 17:56 |
Theorie und Praxisvon GeorgeKaplan | Permalink |
TALL MAN funktioniert meiner Meinung nach leider auf keiner Ebene. Mein Problem war bereits das Intro, dass mir in vielen Punkten 'too much' war, in der Symbolik, in seiner Dramatik. Der Film fängt sprichwörtlich mit einer Geburt an, und schon die ist hochdramatisch und pendelt zwischen Leben und Tod. Mich hat das abgestoßen. Dann spult der Film seine Tableaus ab. Der Transporter muss dann auch noch effektvoll kippen, subtil ist das nicht, aber für amerikanische Verhältnisse vermutlich unumgänglich. Da war der Film für mich einfach tot. Die sehr konstruierte Geschichte wiederholt danach das bereits bei MARTYRS erfolgreich ausprobierte Modell, den Film mehrfach in eine völlig andere Richtung laufen zu lassen und damit dem Zuschauer den Boden unter den Füßen zu entziehen. Nur wird das hier zum reinen Selbstzweck. Die Charaktere haben dabei kein Eigenleben, sondern folgen ausschließlich den Winkelzügen der Geschichte. So bleiben die Motive der Charaktere offen und je nach Fortschritt des Films austauschbar. Ist man von der Geschichte gepackt, fällt das nicht auf. Vielleicht ist auch das der Grund, warum der Film ungewöhnlich gehetzt wirkt. Umso ungewöhnlicher ist die letzte Viertelstunde. Die für sich genommen gut, im Schlussbild sogar großartig ist. Nur passt es zum Rest nicht. Leider nur 4 von 10 vermissten Kindern | |
GeorgeKaplan sah diesen Film im Cinedom 9, Köln | 14.09.2012, 13:44 |
Großer Mann, große Thematikvon D.S. | Permalink |
Dass sich Pascal Laugiers dritter Langfilm ähnlich weit vom Genrestandard abhebt wie sein Vorgängerwerk MARTYRS, wenn auch auf ganz andere Weise, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Im Gegensatz zu jenem macht bei THE TALL MAN nicht das Maß an Explizität den entscheidenden Unterschied: Körperliche Gewalt gibt es hier fast keine zu erleben, auch der Schockfaktor liegt weniger im Gezeigten als vielmehr in der Konsequenz der Geschichte begründet. Und genau diese Geschichte ist es schließlich, die den Film zu etwas Besonderem macht. Das Verschwinden von Kindern mitten aus einer abgeschotteten, in sich geschlossenen Gemeinde ist zwar keine ungewöhnliche Thematik. Wohl aber - jedenfalls für einen Genrefilm - die Auflösung, zu der Laugier den Stoff treibt. Die Position, die er impliziert. Hier geht es um die ganz großen Fragen von Philosophie und Moral. Womit man zunächst nicht unbedingt rechnen konnte. Darin liegt dann ohnehin die zentrale Stärke des Films: Die in mehrfacher Hinsicht überraschende Abweichung von dem, was man erwarten würde. Das meint zwar einerseits auch die angesprochene stilistische Entfernung von MARTYRS und HOUSE OF VOICES, andererseits aber vor allem die in keiner Weise vorhersehbaren Richtungs- und Perspektivwechsel der Erzählung. Die mich schlicht sprachlos hinterlassen haben und gemeinsam mit der extrem dichten Atmosphäre dafür sorgen, dass THE TALL MAN unglaublich fesseln kann. Zumindest über die meiste Zeit hinweg: In der zweiten Hälfte des Films gibt es leider Momente, in denen die Anspannung beim Zuschauer nachlässt, da die Story sich vorübergehend kaum weiterentwickelt und die Inszenierung ein wenig die Zügel schleifen lässt, den Druck rausnimmt. Spätestens im Finale sind diese Ruhephasen aber wieder vergessen, denn erneut bricht der Film hier mit Erwartungshaltungen und eröffnet eine inhaltliche Diskussion, die - wie erwähnt - Grundlegendes berührt. Trotz des glattpolierten Looks und Jessica Biel in der Hauptrolle ist THE TALL MAN deshalb alles andere als mainstreamtauglich. Er erfordert, dass man sich auf ihn einlässt - und über ihn nachdenkt. Wer aber gewillt ist, aufs Popcorn und auf allzu offensichtliche Fan-Befriedigungs-Services seitens Laugiers zu verzichten, erlebt einen bewegenden Film, der wie sein Vorgänger Grenzen bricht. Und genauso meisterlich erzählt ist. Der angesprochenen Längen zwischendurch wegen von mir „nur" 7 Punkte. Dennoch meiner Meinung nach ganz klar einer der besten Filme des diesjährigen Festivals. | |
D.S. sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt | 15.09.2012, 14:31 |
Großartig!von bigJay | Permalink |
The Tall Man. Ein äußerst ungewöhnlicher Thriller. Startet wie ein 0815-Horrorfilm und nimmt dann aber eine komplett andere Wendung. Man sollte möglichst gar nichts über die Handlung wissen (Not knowing is half of the fun!!!!). Und bereit sein, mit einem Stück Verwirrung während des Mittelteils klarzukommen. Dann wird man am Ende mit einem großartigen Finale und einer kniffligen, ambivalenten Frage belohnt. Definitiv ein herausragender, ungewöhnlicher Thriller, der sich endlich mal traut, die ausgetretenen Pfade des Genres zu verlassen. Ach ja, wer hier aufgrund von Pascal Laugiers letzter Arbeit "Matyrs" wieder eine riesen Blut- und Gewaltorgie erwartet, wird enttäuscht werden. Ist definitiv kein Film für reine Gorehounds, sondern eben eher ein anspruchsvoller Thriller, der gekonnt, wie lange nicht mehr gesehen, mit unseren Erwartungen und den Genrekonventionen spielt. Aber so wie Martyrs auf seine Weise eben nicht so leicht zugänglich ist, so ist es "The Tall Man" in anderer Weise auch. Und auch hier werden wir nicht "unverstört" aus dem Film entlassen. Das Fass, das The Tall Man in den letzten 5-10 Minuten aufmacht, ist jedenfalls keins von der Sorte: "Ach so, ja, klar, sehe ich auch so...!" Für mich ist es gerade wegen der ambivalenten Schlussfrage (und dem Gesicht des Mädchens, auf dem sich so viel innere Zerrissenheit spiegelt) ein ganz großes Stück Kino, das über sein Genre hinausweist. Pascal Laugier ist ein außergewöhnlicher Regisseur, der, auch wenn er hier im mainstreamigeren Bereich spielt, zeigt, dass er A. was zu sagen hat und B. nicht gewillt ist, dem Zuschauer die Verantwortung abzunehmen, selber zu denken. | |
bigJay | 21.09.2012, 10:46 |
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