Ted Bundy

Review

von Alan Smithee
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Das Leben eines Serienkillers (bzw. so wie es sich die Filmemacher vorgestellt haben) ganz nüchtern betrachtet. Vom herumtollen mit seiner Tochter bis zum Mord behält die Erzählweise Distanz und verzichtet auf Sensationen oder Wertung. Und genau das macht die Quaulität des Films aus.
Alan Smithee
sah diesen Film im Metropol, Stuttgart

03.08.2002, 12:24


... und was will uns der Autor damit sagen?

von D.S.
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Dieser Film ist unglaublich schwierig einzuordnen und zu bewerten. Weil er nicht das ist, was er vorgibt zu sein. Ted Bundy tötete, meist auf brutale und völlig skrupellose Weise, in den 70er und 80er Jahren bis zu 150 junge Frauen. Blieb aber die ganze Zeit über, auf der anderen Seite seiner Existenz, der archetypische All-American-Boy, Everybody’s Darling, der perfekte Schwiegersohn. Und ist in manchen Kreisen heute sowas wie eine Kultfigur. Eine solche Figur bietet natürlich eigentlich eine perfekte Grundlage für einen vielfältig spannenden Film. Ihre Taten schockieren uns und bieten reichlich Gore und Ekel (z.B. Nekrophilie, Pedophilie), ihre Psychose fasziniert uns, ihre Vorgeschichte ist mindestens ebenso interessant. Leider offenbar nicht für den Regisseur dieses Films, Matthew Bright. Sein TED BUNDY weist stilistisch deutliche Ähnlichkeiten mit seinem bisher größten Erfolg, FREEWAY, auf: bösartiges Popcornkino mit einem kranken Twist, das gut zu unterhalten weiß - aber Ernsthaftigkeit sehr klein schreibt. Unter normalen Umständen fände ich das nicht unbedingt schlimm, und TED BUNDY könnte mir vielleicht sogar ziemlich gut gefallen. Wenn es sich hier um pure Fiktion handeln würde. Dann hätte ich nur zu kritisieren, daß sich der Film zu oft wiederholt (nach dem zwanzigsten brutalen Mord an einer Frau will man einfach keinen mehr sehen - vor allem, weil sie fast alle nach dem selben Muster ablaufen) und dadurch einige Längen hat, daß er stilistisch ein wenig uneinheitlich ist, daß die Dramaturgie im letzten Drittel des Films deutliche Schwächen aufweist: Verhaftung und Ende von Ted Bundy kommen ziemlich unvermittelt; und auch, wenn der Film hier einige seiner besten Szenen hat, fehlt es plötzlich deutlich an Tempo. Zudem wurden hier ein paar komplett überflüssige visuelle Effekte eingebaut. Da wir hier aber keine "normalen Umstände" haben; da es sich hier um so etwas wie eine Biografie eines der krankesten Menschen der letzten 30 Jahre handelt, finde ich den Film gleich mehrfach enttäuschend. Erstens geht er nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit an sein Thema heran. Nein, ich erwarte keine psychologisch fundierte Auseinandersetzung mit dem Phänomen Ted Bundy und auch keinen politisch korrekten Betroffenheits-Streifen. Aber wenn ein Film über einen krankhaft frauenfeindlichen Massenmörder (nach der sehr guten, durchaus psychotisch wirkenden Eröffnungssequenz) wie eine unglaublich alberne Komödie beginnt (Ladendiebstahl der Marke absurd überdreht), die Bundy eher wie einen modernen Louis de Funes auftreten läßt, und im weiteren Verlauf dann öfters mal dazu tendiert, sich über Bundys Opfer lustig zu machen, frage ich mich doch, was das soll. Dem Sicko-Pärchen in der Reihe hinter mir war das dann offenbar auch ein zu weites Spektrum filmischer Genres: die ach-wie-lustigen Momente zu Beginn sorgten dafür, daß sie den ganzen Film hindurch am Gickeln und Gröhlen waren - auch, wenn auf der Leinwand gerade ein 12jähriges Mädchen vergewaltigt und erschlagen wurde. Ich bin wirklich der letzte, der etwas gegen Gewaltdarstellungen hat. Aber hier wird ein ganz reales Monster implizit verharmlost, und seine ganz realen Opfer (stellenweise) der Lächerlichkeit preisgegeben. Und das geht dann sogar mir zu weit. Abgesehen davon versagt der Film komplett, wenn es darum geht, in die Psyche des Killers einzutauchen. Oder ihn auch nur ein kleines bißchen als Person zu erschließen. Hier wird weder der Versuch unternommen, zu klären, wie er zu einem solchen Wesen wurde (von einem einzigen, oberflächlichen Dialog abgesehen, in dem er sich selbst als Opfer einer kaputten Familie darstellt); noch, seine Beweggründe zu beleuchten; noch, zu erklären, WARUM er eigentlich eine solche Anziehungskraft auf Frauen ausübte. Natürlich kann man jetzt argumentieren, dieser Film wolle einfach möglichst wertneutral den Menschen Ted Bundy vorstellen, seine Taten für sich sprechen lassen, könne das Unbegreifliche eben auch nicht begreiflich machen. Aber... was will dieser Film dann überhaupt? Wir erfahren keinerlei Hintergründe, wir erleben Ted Bundy beim Killen. Schön. Toll. Darauf hat die Welt gewartet. Auf diese Art und Weise erreicht der Film nichts, als noch zum Mythos Bundy beizutragen. Denn hey, er war ja skrupellos und die Frauen standen auf ihn. Warum, kann man offenbar nicht erklären. Also muß der Typ schon irgendwie "magisch" gewesen sein, auf jeden Fall was besonderes! Und auch wenn er anderes "behauptet", nimmt der Film so natürlich doch eine Wertung vor. Eine nicht unbedingt allzu kritische. Das ganze ist gut gespielt, keine Frage, und abgesehen von den oben benannten Schwächen auch gut inszeniert. Aber es bringt den Betrachter keinen Schritt weiter, was Bundy angeht, dazu bleibt das hier alles zu sehr Oberfläche - oder, anders formuliert, voyeuristisch. Und dadurch letztlich nicht ansatzweise so schockierend wie z.B. HENRY - PORTRAIT OF A SERIAL KILLER. Was unter Rezeptions-Gesichtspunkten, siehe oben, eben doch fast schockierend ist. Was dem Film dann gut gelingt, ist, erstens: klarzumachen, daß Ted Bundy wohl tatsächlich wie der harmlose Typ aus der Nachbarschaft wirkte. Dem niemand anmerken konnte, wie gestört er war. Schon beängstigend... Und zweitens: die Entwürdigung zu vermitteln, die dem Vollzug der Todesstrafe vorausgeht. Und dadurch wirklich mal kritisch Position zu beziehen. In diesem Zusammenhang zufällig (?) schon wieder zugunsten Ted Bundys, wenn man so will. Wie auch immer: hier wird der Film auf einmal ernst, hier kann man mitfühlen, hier wird ganz bestimmt nicht gelacht. Dafür gibt es dann die Schlußsequenz. Die nur noch lächerlich ist. Insgesamt ist TED BUNDY ein mehr als zwiespältiger Film. Rein als Unterhaltungsware betrachtet, kann er in weiten Teilen überzeugen. Als Versuch einer Annäherung an ein reales Phänomen versagt er aber auf ganzer Linie. Und da man ihn vorwiegend als solchen wahrnehmen muß (wozu auch das Einbinden originaler TV-Berichte aus den 80ern beiträgt), ist der Film letztlich ziemlich enttäuschend. Und von seiner Moral, vom implizit getroffenen Urteil über Bundy und seine Taten her... zumindest fragwürdig.
D.S.
sah diesen Film im Turm-Palast, Frankfurt

12.08.2002, 05:17


Problematisch realistisch...

von Roughale
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Dieser Film hat und wird die Geister spalten, leider kann ich nicht sagen, ob und wie nah sich der Film an der Realität hiel, aber ich gehe mal davon aus, da es damals nocht nicht die typische don’t talk to strangers Haltung gab und zum anderen, daß Ted Bundy trotz seiner Morde eine Art Heldenverehrung der unverständlichen Art erhielt (Oliver Stone thematisierte das anhand seiner fiktionalen Killer in Natural Born Killers) Gut gelungen war die Darstellung der gespaltenen Persönlichkeit, die Ted zum einen liebevoll mit der Tochter seiner Freundin spielen lässt und zum anderen mit äusserster Brutalität töten lässt, mit anschliessender Leichenschändung. Problematisch wird es mit der unterhaltsamen Inszenierung, dieteilweise die Morde mit fröhlicher Musik unterlegt, was für mich aber die Leichtigkeit, mit der er seine Opfer anlockte unterstrich. Die Inszenierung der Hinrichtung is mindestens genauso pervers und stärkt bei mir die Inakzeptanz dieser Strafe, es geht nicht um das Töten des Verurteilten, es geht um die Erniedrigung desselben, wie es schon die Römer beherrschten, nicht sehr zivilisiert! Und das sage ich, obwohl Bundy ein extremer Mörder war - schockierend... Fazit: Nicht unbedingt ein guter Film, aber effektiv!
Roughale
sah diesen Film im Grindel, Hamburg

20.08.2002, 10:14




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