crazy

Tulpa

Gelbe Gefahr

von Lovecraft
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Endlich steht auf dem Menüplan vom FFF einmal wieder ein reinblütiger Giallo; nach der Dürrezeit der vergangenen Jahre (den wunderbaren "Amer" mal ausgenommen) für mich als bekennenden Gallier natürlich ein Muß.

"Tulpa" bietet in seiner Spieldauer von rund 80 Minuten denn auch sämtliche liebgewordenen Zutaten auf. Der schwarz-behandschuhte Killer ist eine besonders sadistische Schweinebacke im "Deep Red"-Gedächtnisoutfit. Sex und nackte Tatsachen sind über die gesamte Laufzeit verteilt, besonders natürlich im ach so verruchten, titelgebenden Swingerclub. Von dem in tiefstes Suspiria-Rot getauchten Etablissement mal abgesehen, wirken die Bilder eher kühl. Dekors und Kameraeinstellungen sind annehmbar, weniger jedoch die Darsteller. Schon die Protagonistin überzeugt nicht sonderlich, Tiefpunkt jedoch ist der allwissende Guru/Barkeeper, bei dem man nach jedem prätentiös herausgewürgten Wort hofft, er sei eingeschlafen. Oder wahlweise das nächste Opfer auf der Schlachtbank. Viel Atmosphäre oder gar Faszination ist leider nicht zu verspüren.

Genre-Aficionados können durchaus einen Blick wagen, alle anderen ziehen noch 1-1,5 Punkte von meiner Wertung ab.
Lovecraft
sah diesen Film im Cinestar 3, Berlin

28.08.2013, 10:40


Made in Italy

von Christian
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Freunde des Giallo!

Jedes Jahr treffen wir uns wieder und hoffen aufs neue, dass die alten Meister Fulci, Argento oder Bava in Form eines neuen Genies auferstehen. Und jedes Mal hört man nicht ganz zu unrecht hinterher, dass man doch wieder ein wenig oder gar arg enttäuscht wurde.

Nun, auch diesmal kann man wohl nicht von einem herausragenden Film sprechen, und dennoch möchte ich positiv festhalten: Wir Freunde des etwas schmuddeligen Kino bekamen doch eine ganze Menge geboten. Zum einen das old style make-up der wollüstigen Frauen, klirrende Synthesizer, eine Spur Softsex, leuchtendes Blut, ein krankes Drehbuch und einen richtig lustlosen Mann gegen die Mafia, Gagenjäger Michele Placido.

Es war nicht nur unfreiwillig komisch, auch wenn der schamanenartige Bordellbesitzer durchaus lächerliche Züge hatte, sondern in Teilen trashig unterhaltsam und sicherlich um 23 Uhr 45 auch die beste Füllung für den Slot.

Wer mit dem italienischen Billigheimer nichts anfangen kann, geht schlafen, wer es dann doch in der dunklen Ecke des Rotlichtviertels vergangener Zeiten aushält, der freut sich auch über einen Swinger-Club in der Tiefgarage.
Christian

28.08.2013, 18:55


Release your Tulpa - aber bitte nicht hier

von Herr_Kees
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Der Giallo ist tot - mit dem "Best of" AMER wurde hier vor ein paar Jahren ein adäquater Schlussstrich gezogen. Man kann die Giallo-Versatzstücke noch so schön zitieren, es bleibt beim Zitat, ein eigenständiger, funktionierender Film sieht anders aus. Auf Zitatebene macht TULPA zwar alles "richtig" (schwarze Handschuhe, blutige Morde, atmosphärischer Soundtrack, falsche Verdächtige, hölzerne, radebrechende Darsteller), wirkt durch die stilistische Übertreibung aber an manchen Stellen unfreiwillig komisch - Spannung kommt dagegen gar keine auf.
Herr_Kees
sah diesen Film im Metropol 1, Stuttgart

02.09.2013, 01:48


vaffanculo!

von Dr_Schaedel
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So, jetzt hab ich mich extra hier angemeldet, nur um mir hier Luft zu machen über diese vergeudeten anderthalb Stunden.

Es ist ja fast schon eine Leistung, ein so idiotensicheres Thema so in den Sand zu setzen. Aus den drei Reizwörtern Sex-Mord-Geheimkult hätte jeder, aber auch jeder, etwas halbwegs, in welche Richtung auch immer, Ansprechendes machen können, nur die Macher dieses Films offensichtlich nicht.

Da stimmt von Anfang bis Ende gar nichts: Stimmung, Spannung, Tempo, Cast, alles vergeigt.
Die Gewaltszenen sind vollkommen überzogen, funktionieren aber nicht mal - wie in jedem noch so billigen Splatterfilm -als l’art pour l’art- Varieté. Vor dem Hintergrund der (übrigens bis hin zum schnarchigen Showdown todlangweiligen) Geschichte machen sie überhaupt keinen Sinn. Hat man hier fünf angefangene Slasher-Drehbücher zu einem zusammengestöpselt? Ein Serienmörder sollte doch wenigstens eine klare Handschrift haben, wenn er schon kein Gesicht hat.

Am meisten ärgert mich, dass das Ganze einen Giallo aufs Stümperhafteste imitiert, jawohl imitiert. Während Filme wie der zum Heulen schön in Szene gesetzte "Amer" noch eine große Verbeugung vor dem Genre machen, werden hier einfach mit wenig Sachverstand Versatzstücke zusammengepuzzelt. Auch die Musik versucht zwar nach 70er Jahre zu klingen, scheitert hierbei aber ein ums andere Mal.
Das Ergebnis ist ein eher lächerliches Slasherfilmchen ohne Charme, ohne Thrill und ganz nebenbei auch ohne jede Erotik.

Einziges Highlight ist da noch die muskulöse Türsteherin, wie sie grimmig schauend barfuß durch rote Gänge fetzt, vielleicht, weil sie einfach das tut, was sie am besten kann, während um sie herum alle nichts von dem können, was sie da versuchen, von den Darstellern bis zum Beleuchter.

Also, ein Sternchen für die Dame, und ansonsten den Mantel des Schweigens über den Film.
Dr_Schaedel
sah diesen Film im Cinema, München

05.09.2013, 19:32


Mäßig interessanter Italo-Krimi

von D.S.
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Ich bin alles andere als ein Giallo-Experte, darum betrachte ich diesen Midnight-Madness-Beitrag mal aus der Sicht eines Außenstehenden. Und komme, vorweg, zu dem Schluss, einen insgesamt äußerst mittelmäßigen Film gesehen zu haben. Mit einigen Stärken, vielen Schwächen; der sicher nicht begeistern kann - aber auch nur wenig Gründe für hasserfüllte Verrisse liefert.

Natürlich ist hier alles ein wenig trashig angehaucht; in erster Linie betrifft das die grotesk und gleichzeitig furchtbar platt überzeichneten Figuren sowie ihre bestenfalls mäßig talentierten Darsteller. Dennoch ist eine gewisse Ästhetik nicht von der Hand zu weisen: Farbgebung, Soundtrack und Kameraperspektiven können einen durchaus öfter mal in den Bann ziehen, auch wenn sie im Vergleich mit den großen Vorbildern vermutlich vollkommen versagen. Die Kills sind größtenteils gnadenlos brutal, werden allerdings kaum einmal in aller Ausführlichkeit gezeigt. Viel Sex und Sleaze gibt es ebenfalls zu sehen, die Attraktivität des Ganzen hält sich dabei jedoch genauso in Grenzen. Aus meiner Sicht zumindest; Geschmackssache.

Wie auch immer: Für sich genommen, kann TULPA über seine erste Hälfte hinweg zweifellos relativ gut unterhalten - wenn man Overacting, hölzerne Figuren und Dialoge sowie eine grundsätzliche Debilität verzeihen bzw. akzeptieren kann. Es geschehen mehrere schöne Morde in schönen und schön ausgeleuchteten Sets; die Story scheint Banane, das spielt aber kaum eine Rolle: Hier gibt es genug Bewegung und Murder-Mystery, um den leicht anspruchslosen Zuseher bei der Stange zu halten.

Nur leider ändert sich das irgendwann gegen Mitte der Laufzeit. Und die fatale Langeweile setzt ein. Über seine zweite Hälfte schleppt sich TULPA hauptsächlich nur noch durch nichtige Dialoge, und da wird einem dann auch erst so richtig bewusst, wie wenig künstlerisches und inhaltliches Niveau das Ganze doch hat.

Exploitation ist toll, wenn sie Extreme liefert. Wenn sie nix liefert, ist sie jedoch nicht mehr toll. Die realen 84 fühlten sich deshalb am Ende mehr nach 150 Minuten an und ich musste gegen das Einschlafen kämpfen.

Zusammengenommen ergibt das für mich schwaches Mittelmaß mit 4,5 Punkten. Nichts, was ich wirklich empfehlen könnte und durchaus etwas, das mich stellenweise peinlich berührt hat. Aber auch nichts, was komplett unfähiger Müll wäre. Es wirkt nur in seiner zweiten Hälfte manchmal so. Besser als die letzten Argentos ist TULPA jedoch allemal. Was allerdings wiederum auch keine Kunst ist.
D.S.
sah diesen Film im Metropolis 8, Frankfurt

10.09.2013, 06:07




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