crazy

Wendigo

Bläh Witch

von Niki Wurster
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Mama, Papa, Kind (Sohnemann) machen Urlaub in den schnuckeligen US Backwoods. Auf der Fahrt zur Kuschelhütte überfährt man ein putziges Hirschlein. Man ist schockiert, wird aber noch weiter verschreckt, als drei bewaffnete Hillbillies aus dem Gebüsch springen und mächtig angepisst sind, weil das Wild, welchem sie schon seit Tagen hinterherjagen, nun zermatscht im Graben liegt und darum weniger Kohle als geplant einfahren wird. Man bläst sich ordentlich auf und macht den Touris ein bisschen Angst.
Dass der Oberjäger vielleicht doch nicht nur leere Sprüche gemacht hat, zeigt sich, als man Einschusslöcher in den Fenstern und Wänden des Ferienhäuschens findet. Der Sohnemann leidet derweil unter schrecklichen Albträumen, in denen er vom bösen Jägersmann verfolgt und beschossen wird. Während eines Einkaufstrips ins Örtchen, bekommt der Junge von einem mysteriösen Indianer eine geschnitzte "Wendigo" Figur geschenkt. Der Wendigo, so erzählt der Häuptling, ist ein Waldgeist von sowohl guter als auch schlechter Gesinnung, der mal als Mensch, mal als Biest durch die Wälder schleicht, um seinen immerwährenden Hunger zu stillen... Wird sich die Figur noch als nützlich erweisen?

Nach einer Stunde Laufzeit passiert dann auch endlich mal etwas, das überraschend genug ist, um einen aus seinem Dämmerschlaf zu reissen. Bis dahin plätschert der Film gemächlich dahin, versucht relativ erfolglos soetwas wie einen Spannungsbogen aufzubauen. Vom Wendigo selbst sieht man erst gegen Ende wirklich was. Wenn es dann soweit ist, wünscht man sich allerdings, die Filmemacher hätten einem den Anblick erspart... Unfreiwillige Komik lässt da nicht lange auf sich warten. Was diesen Öko-Horror-Thriller vor dem Totalschaden rettet, ist die relativ gruselige Atmosphäre, die dem schmutzigen, dunklen Look des Films und dem spooky Soundtrack zuzuschreiben ist. Das Ganze erinnert dann ein bisschen an BLAIR WITCH PROJECT (Atmo) und DELIVERANCE (Backwoods-Feeling und Hillbilly-Action). Das Ende (ohne nun zuviel zu verraten) wurde dann mit Vorsatz düster und mysteriös gehalten, damit Zuschauer unter acht Jahren vor dem Schlafengehen doch nochmal einen Blick in Kleiderschrank und unters Bett riskieren möchten und die Mama dazu anhalten, das Licht im Flur anzumachen und die Kinderzimmertür einen spaltbreit offen zu lassen. Eher Video-Futter als lohnender FFF Entry.
Niki Wurster

08.07.2002, 17:37


Zum röhrenden Hirschen

von D.S.
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Mein Gott, was wurde dieser Streifen im Programmheft und wohl auch von der internationalen Presse abgefeiert. Minimalistisches Meisterwerk, hieß es da. Something different. Genuinely bone-chilling. Saß ich vielleicht doch im falschen Film??

Zur Story hat mein Vorredner hier schon alles Erwähnenswerte gesagt. Und das, was hier überhaupt passiert, läßt sich wirklich locker in 10 Zeilen zusammenfassen. Wenn man ehrlich ist, handelt es sich bei WENDIGO mehr um einen Film über den Umgang einer Familie miteinander in Krisensituationen als um alles andere. Das heißt, mehr als Story zählen hier Worte und Verhaltensweisen - und das, was sie vermitteln. Leider vermitteln sie vor allen DIngen: nicht viel. Zwar sind die Schauspieler nicht unbedingt schlecht. Insbesondere der Sohn ist mit Erik Per Sullivan sehr gut besetzt; der Junge hat Talent und ist kein bißchen nervig, obwohl seine Rolle zum Nerven geradezu einlädt.

Das Problem ist nur, daß das Drehbuch kaum einen Anlaß bietet, sich mal irgendwie zu verhalten. Zwar erfahren wir am Rande, daß der Vater irgendwie in enormem Streß ist und sich wohl mehr und mehr von seiner Familie entfernt, aber warum und weshalb, das bleibt unserer Phantasie überlassen. Genau wie der Grusel, um den es hier ja angeblich geht. Zwar sehen wir eine düstere, einsame Landschaft, hören die eine oder andere mysteriöse Andeutung, erleben unglaublich angsteinflößende Spezialeffekte der Sorte "Film ein paar Sekunden lang schneller laufen lassen"... aber weil einfach NICHTS passiert, will auch beim Zuschauer nichts passieren. Außer herzhaftem Gähnen. Zusammengefaßt haben wir hier weder in Sachen Handlung noch in Sachen Psychologie etwas zu vermelden. Irgendwie ist das der totale Leerlauf. Und wir haben uns am Ende ehrlich gefragt, wie es der Film überhaupt auf 91 Miten gebracht hat. Keine Ahnung. Er läuft und läuft und läuft...

Sicher, das Setting ist okay, und ein paar Augenblicke lang gibt es auch ein bißchen Atmosphäre. Aber insgesamt ist das alles viel zu langatmig und ereignislos (in JEDER Hinsicht, nicht nur, was "Action" angeht), als daß man wirklich Interesse am Geschehen entwickeln könnte. Dann passiert am Ende doch noch was, kurz ein wenig Tempo in der Erzählung, garniert mit schwachsinnigen Verhaltensweisen, fertig, Film aus. Oh je.

Nebenbei: wenn man kein Budget hat, sollte man vielleicht KOMPLETT auf ein Monster verzichten, statt eines zu zeigen, das direkt aus dem Kasperletheater entsprungen scheint. Und wenn man nunmal nur grandios billiges Filmmaterial zur Verfügung hat, sollte man vielleicht keinen Film drehen, der sich mindestens zur Hälfte nachts bzw. im Dunkeln abspielt. Denn so ist das Bild fast permanent mehr Rauschen als Bild. In etwa so, als würde man den Film auf einem alten Fernseher mit ganz schlechtem Empfang betrachten. Und das macht wirklich keinen Spaß.
D.S.
sah diesen Film im Turm-Palast, Frankfurt

12.08.2002, 02:29




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